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BIM: Eine Annäherung – Teil I

«BIM» – ein neuer Begriff macht sich breit in der Bauindustrie. Was Blockchain für die ganze Gesellschaft von morgen ist, soll BIM für die Bauindustrie sein? Ich möchte mich dem Thema BIM in drei Schritten zuwenden und so etwas Klarheit über die Planungsmethode der Zukunft gewinnen.

Mein erster Post versucht sich dem Begriff BIM anzunähern. Ich bin (noch) kein BIM-Anwender, habe jedoch über 20 Jahre Erfahrung mit ArchiCAD in der 2D-, wie auch in der 3D-Planung. In einem zweiten Teil werde ich meine Fragen zu BIM mit einem Anwender besprechen und seine Meinung bezüglich seinen Erfahrungen mit BIM abholen. Und im letzten Teil versuche ich die Möglichkeiten von BIM heute und in der näheren Zukunft einzuordnen.


BIM – Building Information Modeling – soll in Form eines 3D-CAD Modells von der Planung über die Ausführung bis zum Betrieb eines Werkes alles koordinieren und kontrollieren.

Die Idee ist grundsätzlich zu begrüssen. Alle am Bau Beteiligten, vom Architekten, Bauingenieur, Haustechnik-Planer über Produkte-Hersteller bis zu den ausführende Unternehmer und dem Facility-Management, benützen das gleiche 3D-Modell für die Planug und auch den Unterhalt eines Werkes.

BIM setzt voraus, dass das ganze Gebäude in 3D gezeichnet und konstruiert wird, idealerweise als Ausführungsplanung. Die CAD-Software-Industrie ist sehr interessiert, dass möglichst viele Planer schnell mit der BIM-Methode zu planen beginnen, um Erfahrungen zu sammeln, was für die Weiterentwicklung der Programme von grosser Wichtigkeit ist. Für welche Art von Gebäuden lohnt es sich, heute schon mit BIM zu planen? Wer kann noch zuwarten? Was ist für die Zukunft zu erwarten?

BIM soll ab der Vorprojekt-Phase sowie auch bei Wettbewerben eingesetzt werden, alles in 3D-Planung. Eine BIM-Planung heisst: Eine Stütze muss als Stütze definiert sein, eine Wand als Wand, eine Türe als Türe, inklusive der detaillierten Materialisierung und Funktionalität. In welcher Tiefe wird in welcher Phase geplant? Eine Frage, die sich nicht so leicht beantworten lässt.

ArchiCAD ist schon seit Jahren ein grosser Verfechter der 3D-Planung, vom Vorprojekt bis zum Werkplan! Ich habe mich im Bereich der Ausführungsplanung bis heute gegen eine 3D-Planung gewehrt. Eine genaue und detaillierte Ausführungsplanung zu haben, ist für alle Beteiligten am Bau eine grosse Qualität, die oftmals einfacher in 2D zu bewerkstelligen ist. Dass gewisse gestalterische Formen, wie sie zum Beispiel Zaha Hadid in ihrem kreativen Repertoire hatte, in der Ausführungsplanung nur in 3D zu lösen sind, ist selbstverständlich.

Es bedingt einen grossen 3D-Planungsaufwand, um den benötigten Detaillierungsgrad zu erreichen und wirklich alle relevanten Details zu erfassen, die nötig sind, damit jederzeit an jedem Ort ein Schnitt aus dem Plan generiert werden kann, der dann nicht mehr im 2D ergänzt werden muss, was zu Doppelspurigkeiten führen würde und nicht die Idee von BIM sein kann. Neben der 3D-Planung müssen auch alle Oberflächen-Parameter für Wände, Boden, Decken und andere Bauteile detailliert erfasst werden, damit zum Beispiel das Baumanagement direkt Auszüge für die Ausschreibung machen kann. Das ist anspruchsvoll und nur mit sehr genau arbeitenden Personen möglich …

Eine weitere Frage ist, wie die 3D-Schnittstelle – IFC-Schnittstelle – zwischen den Planern funktioniert und wie die Daten zukünftig über die Zeitspanne eines ganzen Gebäudezyklus up to date gehalten werden.

Ein konfliktärer Punkt ist, mit der BIM-Methode direkt ab der Vorprojekt- und/oder Wettbewerbsphase zu planen, was gerade bei uns in der engen Schweiz bezüglich Einsprachen, neuen Gesetzen sowie den demokratischen Bewilligungs-Prozessen und anderen Überraschungen immer anspruchsvoller wird, was eine frühzeitige BIM-Planung sehr aufwändig und teuer machen kann. Um mit BIM wirtschaftlich zu planen, muss schon viel sehr früh bekannt sein, was leider nur selten der Realität entspricht. Es gibt immer weniger Leute, die sich für etwas entscheiden können, siehe auch Post vom 1. April 2015 «Die Schwierigkeit der Entscheidungsfindung im «unverbindlichenunendlichen» Zeitalter …»

Mir fällt auf, dass viele, die sich für BIM einsetzen, das ganze durch die technische Brille betrachten; Software-Firmen wie auch Architekten, die die Planung als eher technische Herausforderung sehen und weniger als architektonische und gesellschaftliche …

BIM ist bestechend, jedoch stecken wir bezüglich der Intelligenz von CAD-Programmen noch in den Kinderschuhen. Um mit BIM individuell, detailliert und schnell planen zu können, müssen die CAD-Programme zwingend intelligenter werden. Das ganze Gebäude in einem File, und immer lesbar wie ein JPEG-Foto! Open Source CAD-Software wie Free CAD werden da bestimmt an Bedeutung gewinnen und eventuell die ganze CAD-Software-Industrie auf den Kopf stellen.

Tipps:

2 Antworten zu «BIM: Eine Annäherung – Teil I»

  1. Danke für den Interessanten Bericht. Ich bin ebenfalls ArchiCAD Anwender und zeichne meine Pläne schon seit Jahren in 3D. Ausserdem bin ich seit kurzem BIM Koordinator in einem Architektur Büro.

    Wenn ich das richtig verstanden habe, dann zeichnen Sie Ihre Wände (z. B. im Grundriss) immer noch mit Linien und Schraffuren?

    Ich denke Sie verstehen die Idee von BIM nicht ganz. Niemand behauptet, dass man die Detailplanung in 3D macht. Die 3D Planung geht grundsätzlich bis MST 1:50. Alles was darunter ist (Detailpläne) wird immer noch in 2D gezeichnet. BIM ist ja nicht nur 3D, sondern wie Sie schreiben auch das Erfassen von detaillierten Informationen der einzelnen Bauteile. Es stimmt, dies ist nur mit sehr genau arbeitenden Personen möglich und idealerweise ist es eben der BIM Koordinator. Dieser muss dafür sorgen, dass sich die Zeichner an die vordefinierten Planungsregeln halten. Das ist eine der Schwierigkeiten.

    Die IFC-Schnittstelle funktioniert hervorragend und mit diversen Viewern können die Projektbeteiligten aber auch Bauherren die Modelle betrachten, prüfen, Notizen machen usw.

    BIM Planung ab Vorprojekt ist kein Problem. Im Wettbewerb ist es meiner Meinung nach auch kein Problem, da die Vorgaben vom Auftraggeber kommen und das Gebäude ja so oder so weniger Parameter enthalten muss als z. B. im Vorprojekt oder in der Ausführungsphase. Das Honorarthema ist da wesentlich komplexer. Wer bezahlt dem Architekten den Mehraufwand wie z. B. dass er die Bauteile mit Parametern versieht und die Export Einstellungen vornimmt, sodass der Kostenplaner seine Listen erhält?

    Ich finde, dass BIM die logische Folge der Digitalisierung und der Datenverwaltung der heutigen Zeit ist. Ja auch ich betrachte es durch die technische Brille, denn Technik ist ein Teil der heutigen Zeit, was aber viele Architekten nicht verstanden haben. BIM ist aber nur ein neuer und zeitgemässer Teil des Planungsprozesses – neben dem architektonischen und gesellschaftlichen Teil, die eben auch wichtig sind. BIM wird sicherlich nicht der Architektur schaden.

    Meiner Meinung nach ist die Intelligenz der CAD Programme überhaupt nicht in den Kinderschuhen, sondern völlig up to Date. Das müssten Sie mir schon begründen. Die Problematik ist doch, dass viele Architektur Büros nicht innovativ sind und sich mit neuer Technologie schwer tun und diese erst in Betracht ziehen, wenn es fast zu spät ist. Ganz besonders in der Schweiz. BIM wird z. B. in Skandinavien schon länger eingesetzt im öffentlichen Verfahren. Aber auch einzelne Individuen wie Hochbauzeichner u. Architekten, die die CAD Programme bedienen sind nicht ganz up to Daten, wenn ich sehe, dass die meisten, wenn es gut kommt vielleicht 50 % der Möglichkeiten der Programme ausschöpfen und ich rede nicht von Tastaturkürzeln.

    Open Source CAD Software wird meiner Meinung nach nicht an Bedeutung gewinnen. Das müssten Sie mir ebenfalls begründen. Open Source Programme basieren auf einem freiwilligen Beitrag von Entwicklern und haben demzufolge auch limitierte Möglichkeiten.

    Danke nochmals für den Input. Ich freue mich jetzt schon auf den zweiten Teil Ihrer Serie!

    1. Ein guter Kommentar auf einen Post ist wie das Trinkgeld für das Servicpersonal. In diesem Sinne Danke für Ihren Feedback!

      Ich werde in den beiden kommenden BIM-Posts im August und September, neben anderen Themen, die Sie teilweise in Ihrem Kommentar angeschnitten haben, gerne auf Ihre Fragen und Gedanke eingehen, besonders auf folgende Punkte:

      – Wo fängt die Detailplanung an?

      – Stecken CAD-Programme noch in den Kinderschuhen?

      – Zur Idee von Open Source-CAD-Software.

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