Mit den besten Wettervoraussetzungen und einem ambitionierten Programm im Handgepäck, startete unser Büroausflug letzte Woche in der Hauptstadt Dänemarks. Kaum aus dem Hauptbahnhof von Kopenhagen hinaus, fuhren uns schon die ersten Radfahrer vor die Nase. In der nachhaltigen Millionenstadt wimmelt es nur so von Fahrrädern, vereinzelt sah man auch Elektroautos auf den Strassen. Trotz des vielen Verkehrs gehören die Dänen mit ihrer wohlorganisierten Gemütlichkeit zu den glücklichsten Menschen der Welt.
Vier Tage lang machten wir es uns zur Aufgabe, die schönsten Orte, Denkmäler und sehenswerteste zeitgenössische Architektur der skandinavischen Metropole zu entdecken. 70 Kilometer zu Fuss und 40 Kilometer auf dem Fahrrad legten wir schlussendlich zurück. Wir stärkten uns morgens in kleinen, aber feinen Lokalitäten wie das Granola, Parterre und Mad & Kaffe. Abends belohnten wir uns in designbewussten Feinschmecker-Restaurants wie im Pony und Radio. Wir liessen uns auch von Einheimischen Restaurants empfehlen, und so landeten wir im ehemaligen Metzgerviertel, welches über 70 Jahre lang das Zentrum der Lebensmittelindustrie in Kopenhagen war. Der «Meatpacking District» ist seit 2007 im städtebaulichen Wandel und ist in der Zwischenzeit zu einem der angesagtesten Kopenhagener Ausgehviertel geworden.
Das Louisiana Museum für Moderne Kunst liegt 35 Kilometer nördlich ausserhalb des Stadtzentrums und ist von internationalem Rang. Neben der beeindruckenden Sammlung des Museums hatten wir das Glück, die Künstlerin Marina Abramovic bei der Eröffnung ihrer Ausstellung «The Cleaner» zu sehen. Eine Ausstellung, in der sie ihre für sie bedeutendste Werke präsentiert und ihr bisheriges Lebenswerk reflektiert. Faszinierend am Museum ist vor allem das Zusammenspiel zwischen Architektur und der Umgebung. Der Ort bietet auch einen wunderschönen Ausblick auf das Meer und die gegenüber liegende schwedische Küste. Im Museumsgarten kann man zwischen Kunst und Natur köstlichen Kaffee und Kuchen geniessen.
Den letzten Tag unseres Architekturausfluges beendeten wir mit einer Velotour durch das Gebiet Ørestad. Das ehemalige militärische Übungsgelände, welches seit Beginn der Neunzigerjahre nach einem Masterplan umgebaut wird, soll zu einem neuen Stadtteil werden. Es besteht bereits heute aus Tausenden von Wohnungen, Arbeitsplätzen, einer Universität und diversen Kultureinrichtungen. Die bereits feriggestellten Gebäude, welche von bekannten dänischen Architekturbüros wie BIG, C. F. Møller, Lundgaard & Tranberg geplant wurden, zeichnen sich durch expressive und experimentelle Baukunst aus, die ökologisch und zugleich ausdrucksstark ist. Auch scheint dort das Einbeziehen der Umgebung in das architektonische Konzept Pflicht.
Was mich in Kopehagen am meisten beeindruckt hat, ist das skandinavische Designbewusstsein, das sich für mich vor allem bei den Leuchten gezeigt hat. Für mich stellte sich die Fragen, wie dieses Flair für schöne Leuchtkörper entstanden ist. Ob die Inspiration von den langen Winternächten herkommt oder es einfach daran liegt, dass die Dänen ein erleuchtetes Volk sind?
Tipps:
- Magazin Raum und Wohnen 2018 Nr. 10: Kunst, Architektur und Natur! Louisiana Museum, Humlebæk – Kolumne «Schlusspunkt» Patrick J. Schnieper
- ArchitekturCumulus 14.07.2017: Architektur-Selfie 🙂
- Reiseprogramm Büroausflug Schnieper Architekten 15.-18. Juni 2017 (PDF)
- Reiseprogramm Büroausflug Schnieper Architekten 15.-18. Juni 2017 (Google MyMaps)
Bei diesem Programm scheint es ja gar keinen Platz für Unerwartetes und Spontanes zu haben?
Ein Widerspruch in sich. Unerwartetes und Spontanes geschieht nicht, wenn man dafür Platz einräumt. Es geschieht einfach, egal was für ein Programm.
Es gibt einen Unterschied zwischen dem Bummler („Flâneur“) und dem Touristen. Der Tourist plant seine Ziele sehr genau und bis ins Detail im Bestreben nichts Sehenswertes zu verpassen. Der Bummler lässt bewusst viel Raum für Nichts, macht nur einen groben Plan. Er geht an einen Ort, und lässt sich von dort von neuen ungeplanten Begegnungen und Beobachtungen inspirieren. Der Bummler nimmt Optionen wahr, die sich ihm auf dem Weg offenbaren. Die Chance dabei neue unerwartete Entdeckungen zu machen, sind um ein Vielfaches grösser als beim Touristen. Und so können eher neue Ideen entstehen und das Potential für Innovation erhöhen (Gedanken aus dem Buch „Antifragile“ von Nassim Taleb).
Ohne die Antwort in Frage zu stellen, sehe ich keinen Widerspruch in meiner Aussage und werte nicht. Beide Ansätze sind gleichwertig, wenn auch unterschiedlich.
Ein sehr schöner Beitrag! Wunderbar geschrieben.
Vielen Dank und herzliche Grüße,
J
Ps: war noch nie in Kopenhagen, rutschte jedoch gleich noch weiter hoch auf meiner Reisewunschliste?