Nach meiner Berufslehre als Hochbauzeichner habe ich wie viele andere ebenfalls das 5-jährige berufsbegleitende Architekturstudium mit der etwas sperrigen Bezeichnung Abendtechnikum der Innerschweiz (Atis) in Horw bei Luzern in den Jahren 1991 bis 1996 absolviert.

In meiner 4-teiligen Serie möchte ich zusammen mit meiner Mitarbeiterin Stanislava Janjic auf die Vor- und Nachteile eines berufsbegleitenden Studiums eingehen. Wir vergleichen das heutige berufsbegleitende Bachelor Studium an der HSLU in Luzern / Horw mit meinem Studium vor 30 Jahren. Abschliessend werde ich ein Fazit ziehen und ausgehend von meinem Blickwinkel und meinen Erfahrungen schauen, was gut läuft im berufsbegleitendenArchitekturstudium und wo nachgebessert werden sollte.
Die Idee eines berufsbegleitenden Studiums ist, dass sich die Studierenden praktisch und theoretisch parallel entwickeln können. Ebenso sollte es möglich sein, mit einer abgeschlossenen Berufslehre, den Lebensunterhalt durch die Arbeit in einem Büro zu bestreiten. Das berufsbegleitende Studium ist ein wichtiges und sehr gutes Angebot in unserem Bildungssystem. Die praktischen Erfahrungen sind neben den theoretischen ein wichtiger Bestandteil für das Berufsbild des Architekten. Das Wissen kann nur bedingt in der Theorie gelehrt werden.

Länder wie die Schweiz, Deutschland und Österreich, welche auf ein duales Bildungssystem mit weiterführenden Hochschulen setzen, schneiden in puncto Jugendarbeitslosigkeit weit besser ab als Länder wie Spanien, Frankreich oder die USA, die das duale Bildungssystem kaum kennen und den jungen Menschen nur der Weg über die Matur bleibt. Da werden junge Menschen in Berufen – theoretisch – ausgebildet, die oft zu wenig Nachfrage haben. Die Gefahr einer solchen Fehlentwicklung ist in einem System mit einer Berufslehre viel weniger möglich. Ebenso haben nur wenige die Voraussetzungen, eine wirklich akademische Laufbahn einzuschlagen. Die meisten Menschen sind stark praktisch veranlagt. Siehe auch Brand eins 5/21: Hand über Kopf – Weniger junge Menschen sollten studieren, fordert der britische Autor David Goodhart. Akademische Jobs seien überbewertet.
Apropos: Obwohl uns ein Altersunterschied von 30 Jahren trennt, sind wir auf den Studentenausweisen gleich alt!
Tipp:
- Luzerner Zeitung 11. Juni 2021: Neuer Höchstwert bei Kanti-Übertritten
- Süddeutsche Zeitung 16. Mai 2021: Sinnlose Zertifikate – D. Goodharts «Kopf, Hand, Herz»