Mit dem Aufkommen der Thermografie Kamera stellte sich für mich die Frage, ob ein Wärmenachweis auf Grundlagen von Plänen und Tabellen, welche ein Bestandteil jeder Baubewilligung in der Schweiz sind, heute noch Sinn macht.
Der Wärmenachweis wird je nach Gemeinde oder Kanton auf der Grundlage von Baugesuchs-Plänen oder vor Baubeginn auf der Basis von Werkplänen erstellt. Ersteres macht für mich am wenigsten Sinn, da in der Baugesuchs-Phase noch keine Detailpläne vorhanden sind und daher ein Gebäudeteil ohne genauere Grundlagen berechnet werden muss. Wenn ein Wärmenachweis mit den Informationen von Ausführungsplänen erstellt wird, kann eine U-Wert-Berechnung über ein Gebäude durchaus relativ exakt ermittelt werden.
Die Problematik von Wärmenachweisen anhand von theoretischen U-Wert-Berechnungen liegt in der Praxis. Ob auf der Baustelle tatsächlich die im Wärmenachweis angegebenen Dämmungen qualitativ und quantitativ eingebaut werden, lässt sich nur sehr schwer kontrollieren.
Im Jahr 2010 habe ich für das Magazin Coviss zum Thema Spannungsfeld Architektur Vom Goldenen Schnitt zur Grauen Energie geschrieben:
Energiebesteuerung für bestmögliche Gesamtlösungen
Welche Strategie bezüglich Energieverbrauch und Nachhaltigkeit ist die Beste für
die Zukunft? Möglichst viel dämmen mit dem Nachteil, dass das Herstellen von
Dämmung sehr viel graue Energie verbraucht oder weniger dämmen und hoffen, dass die Solarenergiegewinnung bald ein x-Faches an Energie aus der Sonne holt
und somit alle Energiefragen überflüssig macht? Natürlich ist auch im Bereich der
Wärmedämmung in der Schweiz vieles geregelt. Der Wärmenachweis ist ein Beispiel
der negativen Art – eine gut gemeinte Idee der Kantone, die viel kostet und nur
wenig bringt, da sie schwer kontrollierbar ist. Wenn man die Energie stärker besteuern
würde, könnten sich die bestmöglichen Gesamtlösungen ganz automatisch durchsetzen.
Ein Wärmenachweis in Form von Plänen und Tabellen ist zu hinterfragen im Wissen, dass so ein theoretischer Wärmenachweis viel Geld und Zeit kostet und nicht wirklich eine interessante Arbeit ist, Sprichwort «Bullshit Jobs». Der Wärmenachweis wird von einem Fachplaner erstellt und anschliessend von einem zweiten unabhängigen Fachplaner geprüft, welcher von der Gemeinde beauftragt wird. Solch bürokratische Verfahren verschärfen den Fachkräftemangel, was angesichts der zukünftigen demografischen Entwicklung zu denken geben sollte.
Mein Vorschlag ist, dass der Wärmenachweis erst nach Fertigstellung eines Bauwerks durchgeführt wird, mit Thermografie Kameras. Die Kosten für einen nachträglichen praktischen Nachweis sind kleiner als die theoretischen U-Wert-Berechnungen. Mit der heutigen Technik ist es problemlos möglich, ein gebautes Gebäude wärmetechnisch zu bewerten. So wäre jeder Bauherr angehalten, die vorgegebenen U-Werte einzuhalten, sprich die Planer und Unternehmer in die Pflicht zu nehmen, nach dem Stand der Technik zu planen.
Wer die Zielwerte, welche für die ganze Schweiz einheitlich sein müssten – siehe auch Blogpost vom 28. Januar 2018: Ein Eidgenössisches Planungs- und Baugesetz muss her! – nicht einhält, würde sich zum Beispiel mit einer Strafsteuer konfrontiert sehen, welche sich je nach Zielwertabweichung berechnet und dann so lange jährlich gezahlt werden müsste, bis die Schwachstelle behoben wurde.
Die Erderwärmung ist nicht theoretisch – entsprechend sollten wir auch praktisch handeln.