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Zweitwohnungsinitiative …

Die Volksabstimmung zur Zweitwohnungsinitiative vom 11. März 2012 hat es deutlich zu Tage gebracht; viele Stimmbürger sind mit der Direkten Demokratie überfordert. Bei einer so komplexen und offen vorgelegten Vorlage bezüglich Umsetzung wie die von Initiant Franz Weber stellt sich die Frage: Sollen wir über Initiativen abstimmen können, welche betreffend Umsetzung nicht auf Machbarkeit geprüft worden sind? Es ist drei Monate nach der Abstimmung immer noch nicht klar, ab wann die Initiative in Kraft tritt. Für mich sind das unhaltbare Zustände für ein Land wie die Schweiz, wo die Rechtssicherheit so gross geschrieben wird. Es wird immer mehr zur Mode, Initiativen zu lancieren, welche sehr populistisch daher kommen und nicht oder nur schwer umsetzbar sind. Auffallen um jeden Preis, scheint die Devise gewisser Parteien und Organisationen zu sein, der schnelle Erfolg zählt, die nächsten Wahlen stehen ja bereits wieder an.

Dass die Landschaft geschützt werden muss, steht ausser Zweifel, siehe auch Blogbeitrag vom 23. November 2010: Zersiedlung Schweiz – 500′000 neue Wohnungen ohne einen Quadratmeter zusätzliches Bauland! Nur ist es leider der völlig falsche Weg, wie es die Gruppe um Franz Weber will. Die Annahme der Initiative mit 50,63 Prozent Ja-Stimmen zeigt, wie delikat die Sache ist. Ich bin überzeugt, viele Stimmberechtigte würden heute Nein stimmen, wenn sie gewusst hätten, hätte man wissen können, wenn man sich informiert hätte …, wie problematisch die Umsetzung ist. Die Umsetzung ist mit vernünftigen Mitteln kaum machbar: Wo jemand seinen Wohnsitz und/oder Lebensmittelpunkt hat, arbeitet und schläft, ist heute nicht mehr so einfach zu definieren. Viele Menschen haben keinen fixen Arbeitsplatz mehr durch den Computer. Oder die Ehefrau kann ja Wohnsitz nehmen im schönen Bergdorf… Ab wann ist ein Bett wirklich warm … Wieviele Zweitwohnungen hat Zürich wirklich mit all den Wochenaufenthalter aus der ganzen Schweiz … Für solche Kontrollen müssten Systeme entwickelt werden, welche sicher die allerwenigsten Stimmbürger, die Ja gestimmt haben, wirklich wollen.

Um Zersiedlung zu stoppen, gibt es bessere Mittel. Die Bauzonen in den Dörfern, nicht nur Bergdörfern, müssen unter städtebaulichen Aspekten beurteilt und definiert werden. Fast alle Dörfer haben grosses Potenzial bezüglich Verdichtung nach innen. Warum hat die Gemeinde Vals einen Grossen und Kleinen Grenzabstand von 12 Metern respektive 6 Metern für ein 3-geschossiges Haus mit 10 Metern Gebäudehöhe. Im gleichen Kanton, in der Gemeinde Zernez, sind für ein gleich hohes Haus der Grosse und Kleine Grenzabstand mit nur 5 Metern und 2.5 Metern geregelt. Über 100 Prozent Differenz … Die grossen Grenzabstände in Vals machen städtebaulich keinen Sinn, der alte Dorfkern mit sehr kleinen Grenzabständen wirkt kompakt und in sich stimmig. Der neuere Dorfteil ist räumlich uninteressant, es gibt weder kleine noch grössere Freiräume zwischen den Häusern, das Dorf wirkt wie ein Einfamilienhausquartier im Mittelland. Eine bessere Ausnützung der Grundstücke würde viele Probleme lösen. Bergdörfer, welche kompakt in Erscheinung treten, bilden einen spannenden Kontrast zur umliegenden Ressource Natur.

Rigide Quotenregelungen, wie das die Zweitwohnungsinitiative will – maximal 20 Prozent Zweitwohnungen pro Ortschaft – sind wenig sinnvoll. Es gibt Bergdörfer mit einer Infrastruktur, welche weit über 20 Prozent Zweitwohnungen problemlos zulassen, ohne dass das Dorf dadurch ein «Geister-Dorf» sein muss. Umgekehrt gibt es kleinere Dörfer, die mit 20 Prozent Ferienwohnungen bereits zerstört sind in ihrer Struktur. Es leben immer mehr Menschen in der Schweiz, welche die Berge und Natur erleben und geniessen wollen, und das ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für viele Bergdörfer, den es zu akzeptieren gilt. Es gibt bis heute noch keine Initiative zur Einschränkung von Büroflächen im Mittelland … Zum Glück! Eine Gesellschaft muss sich entwickeln können, und das braucht Platz. Diesen Platz habe wir, ohne zusätzliches Land zu verbauen, wenn viele unserer Baugesetzparagraphen, (Grenzabstände / Ausnützung / Gebäudehöhen / Dachneigungen / etc.) kritisch hinterfragt werden und sich gleichzeitig jeder Bürger die Frage stellt: Wie viel Quadratmeter Wohnfläche brauche ich wirklich? Siehe dazu auch den Blogbeitrag vom 1. Mai 2011 – Klein ist besser?

Eine intelligente Wohnraumentwicklung kann nicht mit technokratischen Lösungen erreicht werden, wie es die Leute um die Fondation Franz Weber wollen. Das Gegenteil wird leider passieren … Schade!

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