In diesem Post möchte ich auf mein berufsbegleitendes Studium eingehen, welches ich vor 30 Jahren in Angriff nahm. Als 23-jähriger begann ich mit dem Abendtechnikum (ATIS) in Horw bei Luzern. Das bedeutete jeweils 5x mal die Woche Schule – Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag – von 18:30 Uhr bis 22:00 Uhr plus am Samstagmorgen von 7:00 Uhr bis 12:00 Uhr. Also total 22 Lektionen Vorlesungen pro Woche plus eine 80% Anstellung in einem Architekturbüro – das war eine Bedingung für das Studium. An zwei Nachmittagen und am Wochenende hatte ich Zeit, um an meinen Entwürfen zu arbeiten und für Prüfungen zu lernen.
Für mich waren die ersten drei Semester eher etwas mühsam mit den Grundlagenfächern Mathematik, Geometrie, Deutsch, Chemie und Physik. Ich war wissenshungrig im Bereich der Gestaltung, welche mit jedem Semester mehr Gewicht im Lehrplan bekam. Die sechs Fächer: Entwerfen (360 Lektionen), Architektur und Gestalten (160 Lektionen), Architekturgeschichte (80 Lektionen), Raumplanung (120 Lektionen), Landschaftsgestaltung (40 Lektionen) und Literatur (80 Lektionen) blieben mir in bester Erinnerung. Natürlich war es auch für mich gut, etwas von der Tragwerkslehre oder der Bauchemie und Bauphysik so wie von Baukosten oder Bauökonomie gehört zu haben. Auch blieben mir die lebhaften Diskussionen im Deutschunterricht bezüglich EWR-Abstimmung von 1992 in bester Erinnerung, wenn auch das Abstimmungsergebnis nicht nach meinem Geschmack war, was sich aktuell zu rächen scheint …
In 37 Fächern, siehe auch Lektionentafel und Lehrplan der Abteilung Architektur von 1991, wurden 3’160 Lektionen zu je 45 Minuten unterrichtet, plus Projektarbeiten (400 Lektionen) und Wochenseminare (200 Lektionen), was Total über 350 Tagen entspricht in 4 1/2 Jahren Studium.
In welchen Bereichen meine wirklichen Stärken und Interessen lagen, merkte ich nach ungefähr 2 Jahren. Der Entwurf hatte mich immer sehr interessiert, obwohl ich mir jedoch am Anfang nicht sicher war, ob ich auch mit den Besten mithalten konnte. Nach drei, vier Semester hatte man sich dann einen gewissen Status in einer Klasse erarbeitet und wurde sich bewusst, dass die guten Noten in den gestalterischen Fächern kein Zufall waren.
Auch die vier Wochenseminare in Unterschächen Uri zum Thema «Eingriffe», in Jeizinen im Wallis zum Thema «Form und Farbe» und in Laufen Baselland zum Thema «Raumplanung» waren sehr interessant. Die Abschlussreise in das Veneto (Venedig, Padua, Vicenza, Mantua, Sabbioneta) war hinsichtlich Architekturgeschichte ein absolutes Highlight. Die Wochenseminare fanden immer in der ersten Woche der Sommerferien statt. Das hiess, dass wir nur 5 Wochen Sommerferien hatten. Im totalen kamen wir so pro Jahr auf 40 Wochen Schule plus das Wochenseminar im Sommer.
Das Studium war sehr intensiv. Ein richtiger »Trip« – es gab nur das Studium und die Arbeit, eventuell im Sommer ein paar Tage Entspannung. Natürlich bekamen wir auch in der Zeit der fünfwöchigen Sommerpause Aufgaben zum Thema Entwurf und/oder Konstruktion. Wenn man etwas gerne macht, ist diese Belastung auszuhalten, speziell in jungen Jahren, wo man voller Energie steckt.
Das Schlussdiplom nach 9 Semestern Studium hat es in sich. Für den Entwurf und die Konstruktionsarbeit hatten wir 3 Wochen Zeit, – was zu einer meiner intensivsten Phasen in meinem Leben zählt – ich träumte von meinem Entwurf … Denn ich war doch einigermassen unter Druck, da ich unbedingt die Note 5 erreichen wollte, was mir schlussendlich auch gelang mit der Note 5.5. Ansporn war immer mein grosses Ziel, nach dem Studium für ein Jahr in New York zu arbeiten, und da brauchte ich in meinem Portfolio im Entwurf und der Konstruktion natürlich mindestens die Note 5.
Für mich gehört die Zeit zwischen 1991 und 1996 zu einer der lehrreichsten in meinem bisherigen Leben. Auch war sie sehr bedeutend für meine persönliche Entwicklung. So ein intensives Studium verbindet auch menschlich, was im Foto oben sehr schön zum Ausdruck kommt!
Tipp:
- ArchitekturCumulus 28.05.2021: Berufsbegleitendes Architekturstudium Teil I