Die Überarbeitung des Siegerprojektes von Ilg Santer Architekten wurde am 17. Mai 2024 vorgestellt! Die Erwartungen meinerseits waren nicht sehr hoch, da die städtebauliche Situation mit der Idee des Weiterbauens und den Anforderungen an ein zeitgemässes Theater grundsätzlich problematisch ist.
Dass sich die Jury für ein Projekt entschieden hat, welches weder städtebaulich, funktional, noch vom architektonischen Ausdruck her befriedigen kann, passt zum eher dürftigen Verfahren bezüglich Qualität, siehe auch Blogpost vom 15. April 2022, Textabsatz 12 /13 – Offener Projektwettbewerb Luzerner Theater: Ideen-Skizze mit grosszügigem Theaterplatz zur Jesuitenkirche!
Neben dem Erhalt des bestehenden Theaters wird das Siegerprojekt hauptsächlich mit dem Argument angepriesen, dass die Hauptnutzflächen ebenerdig zugänglich sind und mit einem mannigfaltigen, niederschwelligen Angebot zum erweiterten Stadtraum werden. Die Möglichkeit, die ganze Parterreebene mit Foyer, grossem Theatersaal / Bankettraum, Orchestergraben und Bühnenraum als zusammenhängende Fläche zu nutzen, zum Beispiel für einen Flohmarkt oder andere Eventnutzungen, sieht auf den ersten Blick interessant aus. Ob die Hauptnutzflächen mit ihren anspruchsvollen architektonischen und technischen Ausstattungen sehr guter Akustik & festlicher Ausstrahlung so multifunktional bespielt werden sollen, bleibt bezüglich einer Nutzungsangemessenheit fraglich.
Wer ein Theater besucht, erwartet nicht, dass er direkt von der Strasse den Saal begehen kann. Ein höher gelegter Saal ermöglicht einen angemessenen Vorplatz inklusive Vordach und Theaterplatz zwischen Jesuitenkirche und Theater, siehe auch Blogpost vom 20. September 2020 – Neubau Luzerner Theater: Gebäude müssen kommunizieren! Eine elegante Treppenanlage, die in den grossen Theatersaal / Bankettraum und auf die Balkonebene führt, ist ein bedeutender Teil vom «Sehen und Gesehen werden» eines Theaterbesuchs!
Mit einem Theaterplatz, auf welchem ein Flohmarkt oder andere Events stattfinden können, kann das Versprechen der «Niederschwelligkeit» nutzungsmässig und räumlich unabhängiger und überzeugender eingelöst werden als mit einem Theatersaal / Bankettraum, der auch noch erweiterter Stadtraum sein soll.
Das bestehende Theater, das im Projektentwurf von Ilg Santer Architekten wegen seiner Fassadenqualitäten als identitätsstiftender Wert für Luzern umschrieben wird, soll von zwei Seiten überbaut werden. Dadurch wird es nur noch von der Reuss-Ansicht her «repräsentativ» sichtbar sein, an welche sich die beiden markanten Neubauten mit Satteldach an der Westseite anschliessen. Hier sind der neue grosse Theatersaal & Bühnenbau im Parterre und der kleine Theatersaal als architektonische Krönung – erinnert mich an ein Gewächshaus – im Dachgeschoss angeordnet. Dem bestehenden Theaterbau wird durch die beliebig wirkenden An-/Auf- und Umbauten die architektonische Würde genommen, welche der Bau als Solitär hatte. Weder vom architektonischen Ausdruck noch aus funktionaler Sicht kann das überarbeitete nLT-Projekt überzeugen, nebst dem viel zu geringen Abstand des Bühnenbaus zur Jesuitenkirche.
Das ernüchternde Resultat dieses Architekturwettbewerbes ist die Manifestation einer ungenügenden politischen Führung und einer selbstverliebten schwachen Jury – der Thomas Held Nachfolger wird dringend gesucht!
Tipps:
- Luzerner Zeitung 6. Juni 2024 – Leserbriefe: Architektur-Allerlei? Gewächshaus als Krönung?
- SRF Regionaljournal Zentralschweiz 21. Mai 2024: Die Kritik am neuen Luzerner Theater wird leiser
- Luzerner Zeitung 18. Mai 2024: Jetzt erscheint das neue Theater in anderem Licht
- Zentralplus 17. Mai 2024 – Neues Luzerner Theater: «Viel Lärm um nichts»
- Stadt Luzern 2. Mai 2024 – Neues Luzerner Theater: Bericht Überarbeitung Projekt «überall»
Diese Argumentation unterstütze ich voll und ganz.
Hinzuzufügen bleibt das Bedauern, dass die städtische Dichte noch dichter wird. Abgesehen von der Diskussion um den adäquaten Umgang mit historischer Bausubstanz im unmittelbaren Kontext, verbaut das neue Theater einen wertvollen Stadtraum. Ein Platz verschwindet. Zusätzlicher Nutzungsdruck lastet auf deutlich weniger Aussenraum, schade.
Das Neue Theater, wie gross es auch immer sein soll, hätte an einem neuen Standort all diese Probleme gelöst…. inklusive dem Provisorium.
Patrick, darf ich dein Statement auf Linkedin teilen?
Gruss Bruno
Natürlich darfst du den ArchitekturCumulus Blogpost auf LinkedIn teilen!