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Berufsbegleitendes Architekturstudium Teil IV

Zwischen meinem Studium, welches ich 1996 als Architekt HTL abgeschlossen habe und dem Bachelor Diplom von Stani (Stanislava Janjic) meiner Mitarbeiterin, liegt ein viertel Jahrhundert. Es hat sich einiges geändert in der Hochschullandschaft der Schweiz. Es gibt mehr Möglichkeiten, Architektur zu studieren, das heisst, dass viele Schulen schauen müssen, wie sie ihre Klassen zusammenbekommen. Was leider daher oft bedeutet – Quantität vor Qualität.

Patrick J. Schnieper: freie Arbeit im Fach Form & Farbe im Jahr 1993

Es herrscht ein Konkurrenzkampf unter den Schulen, man sieht das an den Werbebroschüren aus der ganzen Schweiz, welche immer wieder in meinem Bürobriefkasten zum Thema Architekturstudium landen. So steht zum Beispiel im Studienführer der HSLU Luzern auf der Seite 6 geschrieben: Das Studiengangkonzept unserer Hochschule ist einmalig. Es bietet den Studierenden grösstmögliche Freiheiten bezüglich Modulwahl und Zeitmodell.
Neben dem Hochschulkonkurrenzkampf, welcher vor 25 Jahren noch inexistent war, gibt es speziell in der Digitalisierung im Berufsalltag grosse Veränderungen. Heute wird fast nur noch mit dem Computer gearbeitet. Zu meiner Zeit haben in etwa 50 % der Klasse das Diplom mit einem CAD-Programm gezeichnet. Das CAD hat einen grossen Einfluss auf das Studium. Wenn das CAD im Entwurf geschickt eingesetzt wird, können in relativ kurzer Zeit viele verschiedene Varianten geprüft werden, was beim Entwerfen enorm hilft.

Was ich in meinem Studium sehr geschätzt habe, war der Klassenverband. Wir hatten immer alle zusammen das gleiche Fach. Zuerst die Theorie wie zum Beispiel zu den Sia-Normen (102, 116, 118, 416) oder zur EKG-Kostenberechnung, anschliessend ein Übungsbeispiel und dann einen Test. Heute wird die Theorie einem ganzen Jahrgang vermittelt und danach werden oft Gruppenarbeiten gemacht. Prüfungen werden nicht zwingend durchgeführt, was teilweise zu einem lückenhaften Wissen führt.

Gruppenarbeiten sind im heutigen Unterricht häufig anzutreffen. Auch wir hatten Gruppenarbeiten jedoch nicht in einem so grossen Umfang. Auch höre ich immer wieder, dass zu viele Gruppenarbeiten geschrieben werden müssen. Gruppenarbeiten sind für die Studierenden mit einem koordinativen Aufwand verbunden, der oft unterschätzt wird. Auch besteht die Gefahr bei Gruppenarbeiten, dass sich gewisse Studierende zu wenig tief mit einem Thema beschäftigen. Interdisziplinäre Gruppenarbeiten sind zu begrüssen, jedoch sollte zuerst ein solides Grundwissen vorhanden sein.

Ob in einem Bachelor Studium die Fächer (Modulwahl) à la carte zusammengestellt werden können sollten, bezweifle ich doch sehr. Im heutigen Bachelor Studium an der HSLU können theoretisch 50 Prozent der Fächer frei gewählt werden. So geht viel Grundwissen verloren, was für den Beruf des Architekten zwingend nötig ist, gerade mit dem Hintergrund das ca. 40 Prozent (2018) der Studierenden (Bachelor) keine Hochbauzeichnerlehre absolviert haben. Das Bachelor Studium ist ein Grundlagenstudium, und daher sollten sich alle dasselbe Grundwissen erarbeiten können, denn ein starkes Fundament ist in jedem Beruf unersetzlich.

Zudem müssen in einem Bachelor Studium überschaubare Entwurfsaufgaben bearbeitet werden können und nicht ganze Blockrandbebauungen städtebaulich entworfen werden (HSLU Turin Frühling 2020), ohne sich vorgängig mit den Themen Sockel, Fassade und Dach im städtischen Raum beschäftigt zu haben. Da wurden in meinem Studium noch kleinere Brötchen gebacken – zu Recht. Das Berufsbild des Architekten ist komplex, daraus folgend muss einem Bachelor Studiengang bezüglich Fächer (Module) einfach und klar strukturiert sein – also kein à la carte Studium!

Stanislava Janjic: eine Gruppenarbeit im Fach Konzeption Denkwerk – Lichtperformance unter freiem Himmel (zwei Personen die mit LED Bändern beklebt sind und auf den Ski einen Hang herunterfahren)

Wir beide, Stani und ich, haben uns für das berufsbegleitende Studium entschieden. Zu meiner Zeit waren das Abendtechnikum und das Tagestechnikum getrennt geführte Schulen. Heute haben die berufsbegleitenden Studierenden teilweise mit den Vollzeitstudierenden Unterricht, was gut ankommt. Jedoch ist es für die berufsbegleitenden Studierenden mit dem aktuellen à la carte Stundenplan nicht immer möglich, alle Fächer zu besuchen, welche den Studierenden vom Vollzeitstudium angeboten werden.

Weiter sollte das Vollzeitstudium nur Studierenden offen stehen, welche eine Hochbauzeichnerlehre abgeschlossen haben. Alle anderen sollten zwingend das berufsbegleitende Studium absolvieren müssen, um sich so genügend Praxiswissen aneignen zu können, denn Praxiserfahrung ist ein wesentlicher Bestandteil des Architektenberufes und kann an keiner Schule gelernt werden.

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